- Mein gemütliches Gästehaus in Islamabad lag nicht unweit vom Zentrum im Sektor 8, einer eher ruhigen und gediegenen Wohngegend. Insgesamt 15 Zimmer, ein kleines Restaurant, ein Foyer und ein Garten mit Brunnen standen den Gästen zur Verfügung.
- Ich bewohnte im ersten Stock ein großes Doppelzimmer mit einem riesigen Bett, Polstersitzecke, Kühlschrank und Flachbildfernseher. Die beiden Ventilatoren kamen während meines Aufenthaltes im November nicht zum Einsatz. Im Gegenteil nachts wurde es empfindlich kalt und ich kroch fröstelnd unter Laken und ultraschwere Wolldecke. Mein Bad war mit einer ebenerdigen Dusche, Waschtisch und WC ausgestattet.
Jeden Tag wurde mein Zimmer und Bad geputzt, mein Bett gemacht und neue Handtücher bereit gelegt.
Hatte ich einen Wunsch, war in Windeseile ein fast schüchterner Stuart zur Stelle oder man kochte mir zum Dinner meine pakistanischen Lieblingsgerichte, wie die Reisgerichte Biryani und Pilau oder das Linsengericht Daal mit Chapatti, dem von mir sehr geschätzten knusprigen Fladenbrot.Ich war nicht nur im Gästehaus, sondern überall während meiner Pakistanreise der absolute Paradiesvogel: Alleinreisend, blond und ganz selbstbewusst unterwegs auf einem Bein mit Krücken. Einmal umarmten mich Frauen im Museum, das andere Mal schenkte mir eine unbekannte Frau auf der Straße ihren Ring.Mädchen vom gegenüber liegenden Girls-Hostel, Wafa und Zahra luden mich zu einer Tasse Tee in ihr Zimmer ein. Die beiden Studentinnen sprachen ausgesprochen gut englisch. So wurde daraus ein munterer Plausch unter Mädels über die Liebe und das Leben.- Eines der Mädchen hatte einen Verlobten, den sie auch gelegentlich treffen durfte. Der Hochzeitstermin stand allerdings noch nicht ganz fest. Das andere war schon seit sieben Jahren in einen jungen Mann verliebt, den sie in all der Zeit nur ein Mal persönlich gesehen hatte. Er versicherte ihr zwar immer wieder seine Liebe, doch war bereits eine Verlobung mit einem anderen Mädchen arrangiert worden. Diese Mädchen schenkten mir als Geste ihrer Gastfreundschaft ihre Nachttischlampen.
Mich hat diese Freude über meinen Besuch sehr gerührt. Einmal mehr musste ich daran denken, wie einseitig und negativ die Berichterstattung über Pakistan ist, als das „gefährlichste Land auf der Welt“. Darauf näher einzugehen würde viele Seiten füllen und könnte trotzdem nicht alle Aspekte umfassend beleuchten, so unübersichtlich ist die internationale Gemengelage und das Einwirken die teils archaischer, teils um Modernisierung bemühter Kräfte.Die Mitarbeiter des Gästehauses waren – wie auch die Männer auf der Straße – respektvoll zurückhaltend, aber immer hilfsbereit und wohl auch ein bisschen stolz auf meinen Besuch. Es arbeiteten dort keine Frauen und nur einmal habe ich noch einen weiteren weiblichen Gast zusammen mit ihrem Ehemann gesehen.Auch auf den Straßen begegnet man eher Männern. Sie sind recht klein, tragen einen etwas abenteuerlichen Haarschnitt und sind fast alle in einem Shalwar Kameez, einem langen Hemd mit Pumphose in Weiß oder Pastellfarben, unterwegs. Richtig schwarz verhüllte Frauen mit Niqab und Abaya habe ich wenige gesehen, jedoch trugen viele Frauen einen mehr oder weniger modischen Dupatta auf Kopf und Schultern, so dass man das Gesicht sehen konnte.Ich als europäische Touristin hätte nur beim Besuch einer Moschee ein Tuch auf den Kopf legen müssen. Ohnehin hatte ich mir dem Klima und den Sitten entsprechende Suits, die ja mit langer Hose getragen werden, zugelegt. Übrigens ein Modestil, der mir immer schon gefallen hat.